Auf dieser Seite nehmen wir immer zu Monatsbeginn einen Aspekt aus dem komplexen Gebilde Impro genauer unter die Lupe. Das Thema wird (bewusst oder unbewusst) auch den Unterricht streifen und wir hoffen, es inspiriert Lehrer und Schüler gleichermaßen.
Gute Vorsätze
geschrieben von Luise
Ich habe lange überlegt, was könnte denn mein „Fokus des Monats“ sein? Was ist denn gerade dein Fokus? Ich habe mir immer gerne vor jeder Vorstellung beim Improvisieren etwas vorgenommen: Heute sei ein guter Supporter! Spiel doch mal Charaktere X/Y heute, die du so ungern machst! Heute hast du Spaß auf der Bühne! Heute achtest du mal darauf „körperlich“ zu spielen! Nimm die Stimme mit! Heute setzt du mal dieses und jenes um, was du im Workshop bei X/Y gelernt hast! Heute sei doch einfach mal mutiger! ... Beim Improvisieren gibt es so viele tolle goldene Regeln und Tipps, um dein Spiel auf der Bühne zu bereichern und die Kunst von Impro wirklich zum Strahlen zu bringen. Nach Jahren der „Gewohnheit“ ist es gut, sich diese von Zeit zu Zeit und immer wieder in Erinnerung zu rufen!
Aber nicht nur dort: Ich habe 200 Mal den „Zille“ am Kurfürstendamm gespielt, und auch da hab ich mir für jeden Abend einen anderen Fokus gegeben. Ich habe an meiner Ausrichtung arbeiten wollen und viel ausprobiert. Ich habe verschiedene Textstellen überarbeitet und am richtigen „Sitz“ des Gags gefeilt. Ich bin stundenlang Dialogzeilen durchgegangen und habe nach der Haltung gesucht, der Motivation und dem Untertext und habe auch da jeden Abend versucht, einen anderen Schwerpunkt zu setzen und mich wieder neu für die Vorstellung zu motivieren und herauszufordern.
Was ist es also, das dich gerade besonders herumtreibt? Welchen Fokus hast du?
Mein Fokus momentan ist es, so fiel es mir dann ein, mir nichts vorzunehmen. Ohne Vorsatz sozusagen. Ich erwarte nichts Bestimmtes, weder von mir, noch von den anderen. Ich erwarte nichts von der Szene, von dem Abend an sich, von mir oder vom Publikum. Ich versuche, mich und die Situation nicht zu bewerten. Ich versuche nur, offen zu sein für den Abend, meine Kollegen und für alles, was da auch immer später auf der Bühne geschehen wird. Ich bin einfach nur da. Ich versuche, dem Zustand von Leere und Offenheit innerlich so nah wie möglich zu kommen. Ich stelle meinen Regler auf Null und versuche, auch wirklich „nichts“ zu wollen.
Warum? Ich glaube, weil wir dann in der Lage sind, uns wirklich ganz und gar auf das einzulassen was uns entgegenkommt, egal was. Ich glaube, wir hören besser zu, reagieren und entwickeln daraus unsere Haltungen ganz situativ und im Moment – lebendig, flexibel und wach.
Ich empfinde daraus viel Spaß und Glück auf der Bühne. Ich fühle mich frei, vielleicht sogar auch „befreit“.
Es ist Frühling und ich wünsche allen den Mut und die Freude, mal wieder ganz auf Null zu stellen, neu und frisch zu starten und an Herausforderungen heranzugehen. Auf ins Abenteuer – viel Spaß!
Luise unterrichtet vom 1.9.-20.10. die Anfänger (dienstags)
Fokus im Januar: Ende (von Billa)
Fokus im Februar: Kritisieren (von Urban)
Fokus im März: Neugier (von Christoph)
Fokus im April: Teamplay (von Christopher)
Fokus im Mai: Raum (von Sonja)