Impro im gesellschaftlichen Kontext
geschrieben von Prof. Dr. Wolfgang Nickel,
ehemals Professor an der Universität der
Künste Berlin und Autor von „Improvisationstheater. Ein Überblick: Das
Publikum als Autor“
1. Historische Texte (zur gegenwärtigen Problematik)
2. Spiel- (Trainings-)Vorschläge zum Problem der Entscheidung
Dennis Meadows: Die Grenzen des Wachstums.
Bericht des Club of Rome zur Lage der Menschheit (1972)
Es
gibt grundsätzlich nur die Alternative zu warten, bis die Kosten
technologischer Lösungen die Kraft der Gesellschaft überschreiten oder
bis die Nebenwirkungen der Technologie selbst das Wachstum unterdrücken
oder bis Probleme auftreten, für die es keine technologischen Lösungen
gibt.
Dann aber wird es zu spät sein, um noch zu wählen. Das
Wachstum wird dann durch Lasten abgewürgt, die sich dem menschlichen
Einfluss entziehen und, wie das Weltmodell erkennen lässt, sehr viel
schwerwiegender sein könnten als die, welche sich die Gesellschaft
selbst auferlegen müsste. 139
Wir sind überzeugt, dass
eine klare Vorstellung über die quantitativen Grenzen unseres
Lebensraums und die tragischen Konsequenzen eines Überschießens seiner
Belastbarkeit dafür wesentlich ist, neue Denkgewohnheiten zu entwickeln,
die zu einer grundsätzlichen Änderung menschlichen Verhaltens und damit
auch der Gesamtstruktur der gegenwärtigen Gesellschaft führen.
170 Wir vertreten in der Tat die Ansicht, dass soziale
Innovation nicht mehr länger hinter der technischen zurückbleiben darf,
dass die Zeit für eine radikale Reform institutioneller und politischer
Prozesse auf allen Ebenen einschließlich der höchsten, der Ebene der
Weltpolitik, reif ist. Wir vertrauen darauf, dass schon unsere
Generation die Herausforderung annehmen wird, wenn sie nur die
tragischen Konsequenzen weiterer Tatenlosigkeit richtig
einschätzt. 173
Eppler: Ende oder Wende.
Von der Machbarkeit des Notwendigen 1975
Für
jeden Monat, in dem im Süden die Bevölkerungsexplosion ungehindert
weitergeht, die Zahl der Arbeitslosen weiter wächst, tropische und
subtropische Wälder rücksichtslos abgeholzt werden, fruchtbare Böden
erodieren, verkarsten oder - bei uns - durch Überdosen von Pestiziden
vergiftet werden, knappe Rohstoffe oder Energieträger vergeudetet, Meere
vergiftet und Landschaften mit Beton überzogen werden, muss spätestens
die nächste Generation bezahlen. 60
Gibt es eine Möglichkeit,
das mittel- und langfristig Nötige dem Bürger so nahe-zubringen, dass es
auch das kurzfristig Verständliche und Akzeptable werden kann?
Mit
wievielen längerfristigen Aufgaben darf man den Bürgern konfrontieren,
ohne dass er kopfscheu sein Heil in der Reaktion sucht?
Wieviel an
Risiko für die kurzfristige politische Legitimation muss der Politiker
auf sich nehmen, wenn er seiner längerfristigen Verantwortung
einigermaßen gerecht werden soll? 61
Wenn es eine
Tendenzwende gibt, kann sie nach Carl Friedrich von Weizsäcker ‚nicht
die Rückkehr zu einer unwiderruflich versunkenen Vergangenheit’
bedeuten. Im Gegenteil: sie ‚verlangt eine weniger oberflächliche und
insofern radikalere Form des Fortschritts’. 125
Club of Rome: Bericht für die achtziger Jahre.
Das menschliche Dilemma. Zukunft und Lernen, Hg. von Aurelio Peccei (1979)
Da
sie (die Menschen unserer Zeit) sich der Veränderungen, die sie an
ihrer Umwelt und ihren eigenen Lebensbedingungen vornehmen, nicht
bewusst sind, wird der Zwiespalt zwischen Mensch und realer Welt immer
größer. Diesen Zwiespalt bezeichnen wir als menschliches Dilemma, dessen
Ausmaß, obwohl jetzt bereits weltläufig und gefährlich, sich nahezu
unvermeidbar vergrößern wird. 11
Primäres und
grundlegendes Ziel ist das Überleben der Menschheit. ... Überleben
beginnt mit der Vorsorge für adäquate Nahrung, Schutz und
Gesundheit. 37
Partizipation heißt, eine aktive Rolle
übernehmen. Um zu vermeiden, dass man eine Rolle zugewiesen bekommt, ist
es notwendig, auf eine möglichst große Anzahl von Rollen vorbereitet zu
sein. 62
Werte sind von entscheidender Bedeutung für die
Entscheidungs-findung. Der Entscheidungsfindungsprozess basiert auf der
Fähigkeit, Prioritäten zu setzen, Vor- und Nachteile gegeneinander
abzuwägen und die künftigen Folgen gegenwärtiger Entscheidungen zu
prüfen. 73
... Lernen der Bereich ist, der zweifellos die größte Bedeutung für unsere Zukunft haben wird ... 165
Wo
die Wissenschaft am nötigsten gebraucht wird, ist sie am wenigsten
verfügbar; und am leichtesten verfügbar ist sie im Rüstungswettlauf. ...
Sie wird auch in der Erforschung des Weltraumes eingesetzt, die jedoch
weniger dringlich ist als Forschung im sozialen Bereich. 178
Zum
Abschluss: Betrachtet man die heute sichtbaren Tendenzen auf dem Gebiet
der Energieversorgung, in den verschiedenen Wirtschafts- und
Handelsbeziehungen, im Rüstungswettlauf und bei vielen anderen
Konflikten, so entsteht ein düsteres Bild für das Jahr 2000 und später.
... werden wir mit der Möglichkeit eines katastrophalen Irrtums mit
unvorstellbaren Konsequenzen konfrontiert. 189
Entscheidungsfindung
Die
unterschiedlichen Strebungen (Shakespeare: To be or not to be), Angst
und Lust, ‚Soll ich oder soll ich nicht?’, die inneren Diskrepanzen, die
Unentschiedenheit, die Suche nach einer Entscheidung ... werden von
Philosophen, Psychologen mit unterschiedlichen Termini benannt, in
unterschiedlichen Modellen verbildlicht.
Antike Vorstellungen
(Platon, Aristoteles, später auch bei Goethe z.B. im Egmont): die
Leidenschaften als Pferde, der Mensch als der Wagenlenker, der die Zügel
hält und den Wagen steuert.
Freud: Ich, Es, Über-Ich
bzw. Transaktionsanalyse (Eric Berne): Eltern-Ich, Kind-Ich, Erwachsenen-Ich
bzw.
Schulz von Thun: Das innere Team (ebenfalls uralt: ‚Zwei Seelen wohnen,
ach, in meiner Brust ...’ – heute sind es ein paar mehr).
All diese „Vorstellungen“ lassen sich als „Rollen“ realisieren, gegeneinander diskutieren, miteinander spielen.